Kindergarten der Bettina-von-Arnim-Schule

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Unser Alltag

Vorbild und Nachahmung

„Erziehung ist in erster Linie Selbsterziehung des Erziehenden.“ (Rudolf Steiner)

Die grundlegenden menschlichen Fähigkeiten lernt das Kind in den ersten sieben Lebensjahren durch Nachahmung eines Vorbilds. Ebenso bilden das äußere Verhalten und die innere Haltung des Erwachsenen das Kind.  Es zählt was der Erwachsene tut und wer er ist. Aus diesem Grunde ist Grundlage der Waldorfpädagogik im Kindergarten die Gestaltung einer nachahmenswerten Umgebung.

Im Waldorfkindergarten ist es die Erzieherin, welche als Vorbild die Umgebung des Kindes gestaltet. Unkommentierte nachahmenswerte Tätigkeiten, wie beispielsweise die täglichen Arbeiten (Zubereitung des Frühstücks, Aufräumen, Spielmaterial reparieren und herstellen, Raumpflege, etc.) finden während dem Freispiel statt und sollen für die Kinder sinnhaft und durchschaubar sein. Kinder schwingen im Tun des Erwachsenen mit, sie wollen diesen nachahmen und greifen dessen Handlungen auf. Dadurch bekommen sie die Möglichkeit auf äußerst natürliche Art und Weise ihrem eigenen Tempo folgend zu lernen, ohne Erklärungen oder pädagogische Übungen. Vorbild und Nachahmung im alltäglichen Leben bilden das Kind.

Doch sind es nicht nur die sichtbaren Handlungen, welche fruchtbaren Boden für die Nachahmung des Kindes bieten. Ebenso bedeutsam sind innere Haltung, Gedanken und Verhalten des Erwachsenen. Hier wird deutlich, dass die Verantwortung der Erzieherinnen enorm hoch ist. Die positive Grundeinstellung zum Leben, gute Gedanken und die authentische Persönlichkeit bildet eine wichtige Grundlage zum Gelingen der Waldorfpädagogik.

Rhythmus und Jahresfeste

„Rhythmus ist Leben, er ist der Träger unserer Gesundheit.“ (Rudolf Steiner)

Unser Tages-/Wochen- und Jahresablauf ist durch wiederkehrende Elemente rhythmisch gestaltet. Alles Lebendige ist getragen von rhythmischen Prozessen. So auch die komplexen Lebensprozesse des menschlichen Organismus. Die Ausbildung und Stärkung des kindlichen Organismus sind eine der Hauptaufgaben der kindlichen Entwicklung in den ersten sieben Lebensjahren. An dieser Stelle wirkt sich Rhythmus in Form von geregelten Abläufen als besonders entwicklungsfördernd auf alle physiologischen Vorgänge aus.

Rhythmus beschreibt in der Waldorfpädagogik insbesondere das Schwingen zwischen zwei Polaritäten: Einatmen und Ausatmen; Wachen und Schlafen; Bewegung und Ruhe. Rhythmischen Abläufe im pädagogischen Alltag sind wie ein Atmungsprozess zu verstehen. Durch die Abwechslung von Zeiten des freien Spiels und Zeiten der angeleiteten Tätigkeit entsteht ein lebendiger Wechsel, welcher eine gesunde kindliche Entwicklung ermöglicht. Hinzu kommt, dass Rhythmus Ordnung und Sicherheit schafft, die es dem Kind erleichtern sich in der Welt zurechtzufinden.

Wochenrhythmus

Montag – Eurythmie

Wohltuend und intensiv riecht das erwärmte, natürliche Bienenwachs, welches auf kleinen Holzscheiben auf den Plätzen der Kinder am Tisch wartet. Montags im Abschlusskreis kneten wir mit Bienenwachs. Hierbei ist nicht das Ergebnis entscheidend, sondern die Erfahrung und Begegnung mit dem Material. Die Kinder bearbeiten das weiche, warme Wachs in ihren Händen, jedes Kind nach seinen Möglichkeiten. Es entsteht eine intensive Arbeitsatmosphäre, die den Form- und Gestaltungskräften des Kindes Raum gibt. Gestaltungsfreude und phantasievolle Tätigkeit wird angeregt.

Dienstag - Kneten mit Bienenwachs

Mittwoch – Eurythmie

Donnerstag – Waldtag

Freitag – Aquarellmalen

Am Freitagmorgen erwartet die Kinder ein vorbereiteter Maltisch im Gruppenraum. Malbretter mit nassem Malpapier, Pinsel, Wassergläser und Farbtöpfchen werden bereitgestellt. Wir beginnen das Aquarellmalen gemeinsam mit unserem Lied „Regenbogen kommt gezogen, setzt sich auf mein Schüsselchen. Dass ich fein kann malen, mit all‘ den schönen Farben.“. In ruhiger Atmosphäre können die Kinder in Kleingruppen nun in ihre künstlerische Aktivität eintauchen.

Beim Aquarellmalen wird die Nass-in-Nass Technik genutzt. Mit flüssigen Wasserfarben wird auf ein feucht aufgezogenes Aquarellpapier gemalt. Wir malen nur mit den Grundfarben rot, blau und gelb, um dem Kind zu ermöglichen durch eigenständiges Wirken alle Farben des Farbkreises kennenzulernen. Das Farberleben steht im Vordergrund, es braucht keine thematische Vorgabe. Das Kind erlebt die Welt der Farben – wie sie verlaufen, wie Farbkompositionen entstehen, wie Konturen sichtbar werden.

Sinnespflege

Kinder nehmen die Welt mit allen Sinnen wahr. Die Waldorfpädagogik möchte durch das betätigen aller Sinne ein ganzheitliches Erleben der sie umgebenden Welt ermöglichen. Sie haben die Möglichkeit, Geräusche, Gerüche, Farben und Formen bewusst mit allen Sinnen zu erleben, darüber einen Moment innezuhalten und so zu einer inneren Anschauung zu gelangen. In der Möglichkeit, in einen Dialog mit den Dingen zu treten, lernen die Kinder sich selbst und die Umwelt besser kennen. Was passiert, wenn ich mich ganz fest in Tücher einwickle? Wie ist es, wenn ich meine Augen schließe und dem Geräusch eines Glöckchens folge? Durch den Reiz des Ausprobierens können neue Erfahrungen und Erkenntnisse entstehen. Entschleunigung und Konzentration auf die Sinneserfahrungen bilden auch Gegengewichte zur Schnelllebigkeit und Entgrenzung der heutigen Zeit. Durch die Pflege der Sinne wird die Grundlage für die Entwicklung einer guten körperlichen Konstitution geschaffen.

Freispiel

„Für den Erwachsenen ist das Spiel Spaß, eine Lust, die hinzukommt zum Leben. Für das Kind ist das Spiel der ernste Inhalt des Lebens.“ (Rudolf Steiner)

Das freie Spiel im Gruppenraum sowie draußen im Garten ist eine wertvolle Zeit für die kindliche Entwicklung, die in unserem Kindergarten besonders gepflegt wird. Im Freispiel kann das Kind Erlebtes und Wahrgenommenes aus eigenem Willen ergreifen, verarbeiten und weiterentwickeln. Das Kind lernt im Spiel die Welt zu „begreifen“. Dadurch erwirbt es sich selbstständig sämtliche Lebenskompetenzen.

Unsere Spielmaterialien sind einfach gestaltet so dass sie anregend auf die Phantasiekräfte der Kinder wirken. Viele Spielgegenstände sind aus Naturmaterialien hergestellt, vielseitig einsetzbar und wenig vorgegeben: Farbige Spieltücher, Spielständer, Bretter und anderes Material zum Bauen, Schneckenbänder und Weiteres. Aus diesen Materialien erschaffen sich Kinder durch Phantasie und Vorstellungskraft ihre Spielumgebung eigenständig. So entstehen selbst erbaute Welten, wie beispielsweise Höhlen, Züge, Baustellen, Schiffe und mehr.

Die Erzieherinnen begleiten das freie Spiel durch sinnvolle, nachahmenswerte Tätigkeiten. Sie bereiten im Gruppenraum das Frühstück zu, nähen, stricken, häkeln und werken. Dadurch entsteht eine getragene, tätige Atmosphäre, welche sich anregend auf das Spielverhalten der Kinder überträgt. Die Interaktion zwischen den Kindern steht im Vordergrund.

Als inklusive Einrichtung orientieren wir uns stets an den pädagogischen Grundprinzipien, wie sie im Waldorfkindergarten gelebt werden, müssen aufgrund der besonderen Bedürfnisse unserer Kinder mit Förderbedarf jedoch stets neue Wege gehen, weil nicht jedes Kind den frei gestalteten Raum in sinnhafter und entwicklungsfördernder Art nutzen kann. Oft fehlen eben diese Phantasie- und Vorstellungskräfte oder die sozialen Fähigkeiten den Rahmen überhaupt aushalten zu können. Aus diesen genannten Gründen findet sich bei uns zusätzlich zu dem oben genannten Spielmaterial auch solches, welches einen didaktischen, vorgegebenen Charakter hat. Dazu gehören beispielsweise Lernspiele, Puzzle, Steck- und Konstruktionsspiele. Ebenso muss von den Erzieherinnen bei Kindern mit besonderem Förderbedarf im freien Spiel deutlich intensiver lenkend heilpädagogisch in das Spielgeschehen eingegriffen werden, um Impulse zu setzen die anregend auf Phantasie- und Vorstellungskräfte wirken.

Reigen / Tischpuppenspiel / Märchen

Wesentliche Bestandteile des pädagogischen Alltags in unserem Kindergarten sind der Reigen im Morgenkreis sowie die Tischpuppenspiele oder Märchen im Abschlusskreis.

Im Reigen werden rhythmische Verse, Gedichte und Lieder in Form von Bewegung und Sprache dargestellt und umgesetzt. Der Reigen orientiert sich immer an der aktuellen Jahreszeit und den entsprechenden Jahresfesten. Der starke Bewegungsdrang der Kinder im Kindergartenalter wird durch die rhythmische Verbindung von Bewegung, Melodie und Sprache in Reim- und Reigenspielen aufgegriffen. Fingerspiele, Lieder und bildhafte Gedichte bereichern in vielfältiger Weise den Morgenkreis. Durch natürliche Wiederholungen lernen die Kinder Reime und Lieder, ohne dass Sie dazu aufgefordert werden. Gleichzeitig erlangen sie Sicherheit im Umgang mit der Sprache. Das gemeinsame Sprechen im Reigen fördert sowohl die Sprachpflege als auch die Wahrnehmung der Gemeinschaft.  Die Verbindung von Rhythmus, Bewegung und Sprache schult das Gehör für die Wortmelodie sowie die Silbentrennung und erleichtert zugleich den späteren Schrifterwerb.

Das Tischpuppenspiel oder das Märchen im Abschlusskreis am Mittag ist fester Bestandteil unseres Tagesablaufs. Abgestimmt auf die Jahreszeit und die aktuellen Jahresfeste werden kleine Geschichten und Märchen in Form von Puppenspielen oder frei erzählten Geschichten über einen Zeitraum von zwei Wochen dargeboten. Die liebevoll und achtsam gestaltete Atmosphäre des Abschlusskreises bietet den Kindern den optimalen Raum, geformter Sprache zu lauschen und diese durch Wiederholung innerlich aufzunehmen und später aus eigenen Kräften umzusetzen. Durch die tägliche Wiederholung der gleichen Geschichte nehmen die Kinder nicht nur den Inhalt und die Bilder des Erzählten auf, sondern auch den Klang der Sprache, die sorgfältig ausgewählten Worte der Erzieherin. Beim Erleben des Tischpuppenspiels oder beim Zuhören eines Märchens schulen wir nicht nur Kernkompetenzen kindlicher Entwicklung wie beispielsweise die Konzentrationsfähigkeit, sondern regen durch unser gesprochenes, bewusst ausgewähltes Wort die Freude an der Sprache an.

Mit diesen Elementen im Tagesablauf bieten wir wichtige Voraussetzungen für einen gelingenden, lebendigen Spracherwerb.